Lieber motiviert als "smart"

Als ich letztens mit meiner besten Freundin und meinem Mitbewohner zu Abend gegessen hab, fragte sie mich, was eigentlich meine Neujahrsvorsätze für das Jahr 2023 sind. Diese Frage wurde mir dieses Jahr schon öfter gestellt, als mir lieb ist und jedes Mal weiß ich nicht, was ich darauf antworten soll, denn so richtige Vorsätze für ein Jahr habe ich nicht.

Natürlich nehme ich mir vor, mehr für meine Fitness zu tun und vielleicht etwas weniger Zucker zu essen, alle Haushaltsaufgaben direkt zu erledigen, mich regelmäßig bei meinen Freund*innen und meiner Familie zu melden und vielleicht etwas weniger Geld für neue Klamotten auszugeben. Aber sind das Neujahrsvorsätze? Eigentlich sind das Alltagsherausforderungen, die an kein bestimmtes Jahr gebunden sind und ich will das alles auch nicht nur ein Jahr machen, sondern durchgehend, egal ob 2022, 2023 oder 2024.

Meine Antwort fiel also wie folgt aus: „Ich glaube, ich habe gar keine Vorsätze“.

Darauf antwortete mein Mitbewohner: „Ich will wieder regelmäßig ins Fitnessstudio gehen.“

Aha, dachte ich mir, ja ins Fitnessstudio könnte ich eigentlich auch gehen. Vor meinem Bachelor war ich wirklich regelmäßig da, aber jetzt habe ich einen Job und einen Hund und dafür muss man auch Zeit haben …

Bevor ich meine Überlegung zu Ende denken konnte, sagte meine Freundin: „Du musst deine Ziele „smart“ formulieren.“

„Was soll das denn bedeuten?“ entgegnete mein Mitbewohner.

„Spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert“ sagte ich und war froh, dass das aus dem Studium noch hängen geblieben ist.

Puh, das ist aber anstrengend, wenn man jeden Vorsatz so genau definieren muss. Je konkreter das Ziel ist, desto schneller kann man es auch erreichen – oder eben nicht erreichen.

Nein, so will ich mein Jahr nicht starten – meine Ziele sollen nicht „smart“ sein und ich gebe mich nicht dem Selbstoptimierungsdruck zu Neujahr hin und melde mich direkt im Fitnessstudio an, nur um dann das ganze Jahr ein schlechtes Gewissen zu haben, weil das Einzige, was zum Fitness geht, mein Geld ist.

Meine Vorsätze sollen mir Kraft für das Jahr geben, also sehen meine Vorsätze wie folgt aus:

  • In meinem Beruf will ich meine Ideen und meine Motivation in coole Projekte stecken, die mir Spaß machen.
  • Ich will auf meinen Körper hören, um gesund zu bleiben.
  • Ich will mir genug Zeit für meine Freund*innen und Familie sind, weil ich dabei am meisten Energie tanken kann.
  • Und ich will Gott dafür danken, dass ich ein weiteres Jahr seine Liebe und Kraft spüren kann

Denn du bist ein Gott, der mich sieht. Gen 16,13

Diakonin Tessa Groß