„Weichenstellung“

Okt./Nov. 2019

Denke ich Weichenstellung, so kommen mir die Gedanken unseres Nachbarn in den Kopf, der mit großer Freude seinem Hobby der Modelleisenbahn nachgeht. Wenn er etwas verändert hat an seiner einen großen Kellerraum füllenden Eisenbahn und ihrer Landschaftsdarstellung, darf ich schon von Kindesbeinen an kommen und schauen. Wenn dann die Züge begannen zu fahren, war wichtig, dass alle Stellwerke funktionierten und die Weichen richtig gestellt waren. Viele Knöpfe sind dazu, richtig zu bedienen. Wurde einer der Hebel umgelegt, fuhr der Zug auf ein anderes Gleis. Ein Knopfdruck und das Signal wechselte von rot auf grün und die Züge fuhren weiter. Für mich als Kind, aber auch jetzt als Erwachsene noch faszinierende Vorgänge.

In der Bibel finden wir viele Berichte von Weichenstellungen Gottes. Immer wieder eindrucksvoll für mich ist die Geschichte der Frau am Jakobsbrunnen. Isoliert – aufgrund ihrer Herkunft – und beschämt – aufgrund ihrer Lebensweise – geht sie mittags zum Wasserholen, um nur wenige treffen zu müssen. Dort trifft sie auf Jesus. Und Jesus wendet sich nicht von ihr ab – wie sie es erwartet hatte – oder verurteilt sie – wie sie es gewohnt war –, sondern er spricht sie an und bittet sie um Wasser. Diese Begegnung und das Gespräch, das daraus erfolgt, geben der Frau eine ganz neue Richtung. Sie wagt sich zurück in die Dorfgemeinschaft, die sie vorher noch gemieden hatte, und fordert alle auf, ihr zu folgen: „Kommt und seht ihn euch an! Ist er vielleicht der versprochene Retter?“ (Joh. 4, 29) Ihre Nachbarn mögen die Frau zuvor verachtet haben, jetzt aber erkennen sie eine beeindruckende Veränderung an ihr. Alle folgen ihr hinaus zum Brunnen, hin zu Jesus, viele kommen zu Glauben.

Von der isolierten Samaritanerin zur mutigen Glaubensverkündigerin, eine Wende, die sie nicht erwartet hat. Weichenstellung bringt immer Veränderung mit sich. Auch wir dürfen damit rechnen, dass Gott verändernd in unser Leben eingreift, ja wir müssen es sogar. Denn – wenn wir ehrlich sind – manchmal kommen uns Veränderungen eher ungelegen, weil es doch gerade so gut läuft, weil vielleicht gerade keine Zeit ist für Neues. Manchmal verändert sich etwas so plötzlich und so brutal, dass es uns fast aus der Bahn wirft. Der Sinn erschließt sich uns immer nicht gleich, vielleicht auch nie. Aber Gott sieht die Hintergründe, er weiß die Zusammenhänge und kennt die Auswirkungen. Wichtiger als unser Verstehen ist unser Vertrauen.

Auch der Ablauf unseres Kirchenjahres bringt immer wieder Weichenstellungen in neue Richtungen. Wenn wir am ersten Sonntag des Oktober jedes Jahr aufs Neue Erntedank feiern, dann ist damit auch gemeint, dass wir die Weichen und unseren Blick auf Dank richten, auf den Dank, was gut ist in unserem Leben, dass wir täglich zu essen und zu trinken haben und dass wir darüber noch vieles Andere mehr wahrnehmen können, wofür wir dankbar sind, wenn wir unsere Weichen eben auf Dankbarkeit stellen. Ich wünsche uns, dass wir neben dem Vertrauen zu Gott auch immer wieder diese Erfahrung machen dürfen, wie unser Leben und unsere Haltung sich verändert, wenn wir der Dankbarkeit in unserem Leben Raum geben. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gute Zeit.

Seien Sie und seid gegrüßt!
Ihre und Eure Pastorin Elke Marx